Giftshop

Giftshop.

Bei dem Wort würde wohl so mancher Deutsche komisch gucken, der kein Englisch kann. Im schlimmsten Fall würde sich sogar ein unbehagliches Gefühl bei ihm einschleichen, ohne, dass er sich nach außen etwas anmerken ließe.
Dabei ist ein Giftshop ein ganz normaler Geschenkeshop im englischsprachigen Raum. Ich verstehe aber auch nicht, was Gift mit Geschenken zu tun hat und warum man sich dafür kein anderes Wort ausdenken konnte.

Schottland lebt durch den Tourismus und fängt damit seine Fische. Nämlich all die besorgten Einkäufer, die dringend Souvenire für ihre Liebsten zu Hause brauchen oder um ihr Auto mit einem neuen Reiseaufkleber zu schmücken. Als Andenken für alle Neider und Ehemänner, die ihre Umgebung diskret aus dem Auto beobachten.

Ich staunte nicht schlecht, dass es selbst in den abgelegensten Orten diese speziellen Giftshops gab. In Orten, in denen man diese Shops nie vermuten und finden würde, wenn man keinen persönlichen Reiseführer hätte, der schon mehr als tausend Mal da war.

Zuerst mochte ich die Giftshops. Sie waren neu für mich und hatten ein anderes Angebot, als die Läden in Deutschland – bildete ich mir jedenfalls ein.
Bereits von draußen sahen sie einladend aus und lockten mit ihren tollen Keksen, die in anheimelnden Weiden-Körbchen vor der Tür standen.
Die Läden waren meist klein und gemütlich. Aber es gab auch größere Läden, in denen 20 Minuten Aufenthalt längst nicht reichten, weil sie zu viel interessanten Kram beherbergten. Natürlich handelte es sich dabei oft um Kitsch, aber um schönen Kitsch, an den selbst ich nicht vorbeilaufen konnte. In den großen Läden hätte ich mich mindestens zwei Stunden aufhalten können.

Es gab alles, deswegen war es wie in einem schottischen Paradies.
Für mich waren selbst die harmlosesten Kekse wahre Delikatessen. Ein kurzer Blick reichte und ich hatte eine Vorstellung, wie sie schmeckten. Alle Kekse hatten den selben Ursprung und kamen aus der gleichen Familie. Es gab sie in Packungen, die mit einem rot-karierten Muster bedruckt waren. Man konnte sie aber auch in attraktiven Geschenkdosen aus Blech kaufen. Die Kekse waren alle sehr lecker, gefolgt von den weichen Toffee Bon Bons mit Whisky-Geschmack. Etwas Neues für mich. Für die anderen vielen Köstlichkeiten interessierte ich mich eher weniger.

Man darf in solchen Läden nicht den Fokus aufs Wesentliche verlieren und muss wissen, in welche Richtung die Suche nach dem passenden Andenken geht. Meine Sucht nach Keksen konnte ich befriedigen und kaufte eine große Keks-Collection, darunter auch derbe Butterkekse in Schafform.

Ich mag Schafe und die gab es in jedem Giftshop in vielen Varianten. Schafe waren typisch für Schottland, weswegen sie als Geschenk gut vermarktet wurden. Ich fand schnell viele Schafe, die mir gefielen. Das war kein Problem und da ich mich zügig entschied, blieb mir noch Zeit für all den nebensächlichen Kitsch.
Es gab auch anspruchsvolle Ware, wie teure Pullover aus echter Ziegen- und Schafwolle: Cashmere. Sehr weich und edel. Aber nichts für mich, ich fühlte mich zu jung für eintönige Farben und gediegene Schnitte. Ich entschied mich für einen grauen Cashmereschal mit Schafen und weiche Strümpfe mit Schafmuster. Das entsprach genau meiner Persönlichkeit und meinem Geschmack.

Die Giftshops geben alles her, was ein Touristen-Laden braucht. Einheimische werden dort vielleicht seltener erscheinen, sofern sie darin nichts verloren haben.
Ich muss gar nicht mehr aufzählen, was es gab. Es gab einfach alles: Essen, Trinken, Kitsch und Kleidung. Sowie all die Dinge, die das Leben fülliger und spaßiger machen. Hauptsache, auf jedem Gegenstand stand ‚Scotland‘ drauf, geziert mit einer Distel (der Nationalblume) oder dem vollständigen Wappen.

Nicht zu vergessen: Schottische Dudelsackmusik, die aus jedem Laden laut ertönte. Am Ende konnte ich es nicht mehr hören und meine Begleitung fing sogar an, in den Läden zu stolpern, als wenn die Musik sie schon duselig machte. Ich musste darüber sehr lachen. Ja, die Musik konnte nach einer Weile besoffen machen. Ich fragte mich, wie es die Verkäufer darin nur so lange aushalten konnten, ohne verrückt zu werden.
Oder waren es vielleicht die Gerüche, die einen ins Taumeln brachten? In jeder Ecke duftete es anders. In der einen nach Heidekraut, in der nächsten nach den Stoffen des schottischen Kilts, in der anderen nach Whisky und nach Gebäck, und in der Mitte roch es nach dem Fell der Plüschtiere, darunter auch Nessie in grün.

Auch, wenn ich die Giftshops am Ende vor lauter Erschlagenheit nicht mehr betreten konnte und fürchtete, davon zu träumen, vermisse ich sie manchmal doch ein wenig.

Die Verkäufer fühlten sich mit ihren Läden sehr verbunden und schafften es, dem Fremden ihre Kultur ein wenig nahezubringen und sie in kleinen Stücken zu verkaufen.

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