Shpock und Wunschdenken

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An einem Samstagabend war ich ganz euphorisch, nachdem ich mir die App herunterlud. Ich wollte unbedingt mein Handy verkaufen – ohne Ebay und ohne Ankaufportal. Sondern ganz alleine und am besten schnell. Shpock schien dafür perfekt zu sein, schnell und easy.
Also machte ich ein paar Fotos vom Handy und beschrieb kurz alle Details.

Ich war mir sicher, dass ich das Handy bald verkaufte. Vielleicht sogar innerhalb einer Woche, da es wie neu war und perfekt funktionierte. Es war wirklich perfekt neuwertig mit Originalverpackung, ungebrauchtem Zubehör und Schutzhüllen. Ein Traum für 400€.
Was sollte da schiefgehen?
Nach 5 Minuten war alles fertig, der Verkauf konnte losgehen und ich war zufrieden.

Natürlich trudelten wenig später schon die ersten Fragen ein, ob es auch billiger geht und der erste Deal begrüßte mich: 300€
Ich lehnte ab. Für so ein neuwertiges Handy waren 300€ ein Witz.

So ging es an dem Abend weiter.
Immer wieder dieselben Fragen, ob das Handy noch zu haben ist oder ob man preislich noch etwas machen kann. Dazwischen vereinzelt Tauschangebote, ob ich das Handy gegen eine Playstation tausche oder ob ich nicht vielleicht ein Samsung Handy dafür haben möchte…

Am nächsten Abend machte mir ein nettes Mädel Hoffnungen. Sie fand die 400€ okay, und fragte, ob sie es auch für 380€ haben könne. Sie würde es dann am nächsten Tag gleich abholen. Sie machte ein Angebot – 380€ – und ich willigte ein. Danach musste sie nur noch einwilligen und der Kauf stand. Aber sie willigte nicht ein und meldete sich nicht mehr.

Dann kam noch jemand mit einem Deal für 380€. Ich willigte ein und er brach alles wieder ab.
Deal abgebrochen. Welch ein blöder Satz!
Warum macht denn jemand erst ein Angebot, wenn er davon doch nicht überzeugt ist? Diese Logik verstand ich nicht.

Mehr als das passierte bei Shpock nicht. Angebote für 300€ und diverse Abbrüche.
Lauter Deals, die nicht stattfanden. Im Handel würde so ein Handy viel mehr kosten. Wenn man etwas wirklich will, kauft man es. Meist ohne viel zu überlegen.
Ich habe im Sommer mal ein T-Shirt für 120€ gekauft, weil ich es unbedingt haben wollte und das Shirt fast ausverkauft war. In dem Moment gab mein Verstand keine Warnsignale, weil der Wunsch einfach stärker war, als die Vernunft. Ich kaufte es und bereue es bis heute nicht, obwohl ich es nur selten trage.

Ich wurde mein Handy nicht los, da ich keine Lust mehr hatte, mit dummen Leuten zu verhandeln. Entweder ja oder nein. Niemand sagte JA, sondern bekam Schiss.
Am liebsten würden die Käufer bei Shpock alles geschenkt kriegen und nach Hause gebracht bekommen. So mein Eindruck. Ich verschenke mein iPhone und bringe es zu dir nach Hause. Ja, das wollen sie.

Aber ich wollte nicht nur mein Handy verkaufen, sondern auch Bücher, die ich nicht brauchte.
Ich verkaufte jedes Buch für 2€.
Eine Frau interessierte sich für ein Buch. Sie wollte wissen, wie teuer es mit Versandkosten wäre.
4,20€
Danach hörte ich nichts mehr von ihr.

Dann gab es noch jemanden, der auch an einem Buch interessiert war und er machte gleich einen Deal.
Er fragte anschließend nach den Versandkosten und alles war gut.
Er schrieb, er würde mir die 5,80€ sofort überweisen.
Smile.
Er tat es nicht.

Nun frage ich mich: Was soll der Mist?
Haben die Leute alle kein Geld, dass sie nicht einmal 5€ bezahlen können? Was ist los mit denen?
Woanders sind Bücher viel teurer.

Fazit: Das Portal eignet sich für Kriminelle und für Leute, die das Talent haben, so lange zu feilschen, bis es kostenlos ist.

Ich wisch dich weg

  
Manchmal habe ich das Gefühl, dass sich Dating immer mehr zum Trend entwickelt. Zum oberflächlichen Trend, in dem es kaum noch um echte Gefühle geht, sondern um ein knallhartes Auswahlverfahren, welches durch spezielle Apps verstärkt und erleichtert wird. Der Slogan ‚…wisch und weg‘ bekommt dabei eine ganz neue Bedeutung. Wenn ein Bild mit einem Mann erscheint, habe ich die Wahl, was als nächstes passiert. Wer mir nicht gefällt, wird unliebsam weggewischt, als ob es sich dabei um ein Objekt handelt und nicht um einen Menschen. Es ist, als würde man jemanden in die stinkende Mülltonne schmeißen..minderwertige Ware, sozusagen. Ignoranz. Oder der Gedanke: Hoffentlich meldet der sich nicht zurück. Gefällt mir hingegen jemand, wird er angeklickt und als grünes Häkchen in den Dating-Warenkorb gelegt. Oder in der Merkliste für später gespeichert. Immer nach Reihenfolge, da man nicht mehrere Dates gleichzeitig haben kann. Dann heißt es: Abarbeiten. Die richtig interessanten Leute zuerst und danach die, die sympathisch sind oder in echt richtig gut aussehen könnten, denn Bilder täuschen natürlich oft. Zumindest bei Frauen. Männer haben mehr Talent, sich auf Selfies authentischer darzustellen, da sie es einfach zu kitschig finden, die Bilder danach mit verschiedenen Filtern aufzubessern. 
Wie man sieht, könnte man Dating via App ein bisschen mit Shopping vergleichen. Kostenlos oder auf Kosten der Gefühle des anderen oder der eigenen Gefühle, sofern sich etwas entwickelt und Enttäuschung durch einseitiges Verknalltsein droht. Das kann alles vorkommen und es gibt zig Varianten, wie es nach einem Date weitergeht. 
Aber kann sich überhaupt etwas entwickeln, wenn man immer die Hoffnung hat, noch jemand Besseren zu finden?
Ich denke, dann würde man ewig suchen oder nie richtig glücklich sein, mit dem, den man gerade hat.
Allerdings können Dating-Apps tatsächlich Hoffnungen aufrechterhalten. Schließlich melden sich jeden Tag genug neue Leute an und dann geht das Klick-Auswahlverfahren von vorne los. 
Wisch – wisch – wisch – klick – wisch – wisch – wisch ….
Stellt sich die Frage: Was macht man mehr – klicken oder wischen?