Irish Greetings 

Ein Stück Irland zum Genießen.

Lieblingskuchen

  

Heute gab es auf der Arbeit meinen Lieblingskuchen. Gestapelt auf einem bunten Teller mit Streifen am Rand, im Abseits des Geschehens, sodass jeder wusste: Oh, es ist etwas übrig geblieben – die Kaffeepause hat diesmal mehr zu bieten, als nur fünf Zigaretten. Toll!

Und schon waren alle motivierter. 

Da stand er. 
Geschnitten in viereckige Stückchen, die alle identisch aussahen. 

In typischer Blechkuchenqualität. Aus irgendeiner Backwarenfabrik, denn was anderes kam bei uns aus Preisgründen nie in Frage. 

Ich sah den Kuchen schon flüchtig beim Vorbeigehen aus den Augenwinkeln und wusste sofort: aha, russischer Zupfkuchen. Der Kuchen, nach dem ich früher verrückt war und es heute noch bin, wenn ich mich nicht weigern würde, ein Stück davon zu essen. Selbst probieren war mir zu viel, denn manchmal kann auch Probieren maßlos enden.
Ich genoss ihn also lieber mit Abstand und Ignoranz. Angucken reichte und der Gedanke, dass er da war, ganz in meiner Nähe. Aber mehr wollte ich nicht mit ihm zu tun haben. Denn ich wusste, dass mir seine Kalorien die Laune wahrscheinlich für ein oder zwei Tage verderben würden. Somit war es leichter, zu verzichten. Besser gleich an die bitteren Konsequenzen denken, als später. 

Was hat man von einem Stück Kuchen, das innerhalb von einer kurzen Minute verzehrt wird und danach vielleicht für immer ansetzt, wenn man sich nicht im Griff hat oder nichts dagegen tut? Ein übles Problem.
Und letzten Endes war der Kuchen sowieso nicht selbstgebacken, sondern nur ein aromatisch gut abgestimmtes Kunstprodukt vom Fließband. Ohne Liebe gebacken, sondern anonym von Maschinen aus Blech und Metall in einer kalten Halle.

Lieber schaute ich meinen wohlgenährten Kollegen dabei zu, wie sich jeder großzügig vier Stücke auf den Teller packte und beim Essen feststellte, dass der Kuchen nach Chemie schmeckte. Ganz und gar nicht natürlich, sondern richtig künstlich und ein bisschen eklig. Dennoch wurde der Kuchen artig aufgegessen. Sein Essen mit negativen Bewertungen zu kommentieren, ist immerhin fast normal, weil es überall etwas zu meckern gibt und man nie wirklich zufrieden ist. Oder man spielt damit einfach nur sein schlechtes Gewissen herunter. 

Mir war es egal. Ich hatte von dem appetitlichen Anblick des Kuchens mehr, als die Kollegen von dem enttäuschenden Geschmack.

Lecker, Schuhsohlen-Schokokuchen

 

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Wochenende. Und ich war mal wieder nicht rechtzeitig einkaufen, da ich beschäftigt und zu faul war. Der Wochenendeinkauf gehört immer noch zu den Tätigkeiten, die ich lieber vermeide und die ich gerne von meiner Einkaufs-Liste streichen würde.

Am Samstag war noch alles in Ordnung, da ich die letzten Vorräte als Ressource für meinen Hunger nutzen konnte. Aber dann kam der Sonntag. Ich wachte mit knurrendem Magen auf und wusste, was mir bevorstand: Ein leerer Kühlschrank und trockene Zutaten, die in ihrem Rohzustand geschmacklich kaum verwertbar waren. Es setzte ein hohes Maß an Kreativität voraus, um daraus ein schmackhaftes Essen zaubern zu können. Leider bin ich der falsche Ansprechpartner, wenn es um kulinarische Lebensmittel-Künste in der Küche geht und somit stand ich vor einem Problem: Hunger.

Ich hatte Appetit auf Brötchen, aber mir fehlten Hefe, gesundes Vollkornmehl und andere unverzichtbare Kleinigkeiten. Mein Schrank hatte bis auf Mehl, Zucker, Kakao und paar anderen untergeordneten Zutaten nicht viel zu bieten.

Dann kam ich auf eine Idee, deren Ursache mein steigender Heißhunger war: Schokokuchen. Das Schlagwort für eine Recherche im Internet, mit der Hoffnung, fündig zu werden.
Und siehe da, eine lange Liste mit Rezepten öffnete sich prompt vor meinen Augen. Darunter auch ein Rezept mit der vielversprechenden Bezeichnung ‚einfacher Schokokuchen‘.
Die Zutatenliste passte fast perfekt zu den Inhalt meines Küchenschranks und auch die einfache Zubereitung wurde in den ersten Zeilen des Rezepts bestätigt.
Super, wie sich trotz Zutatenmangel ein leckerer Kuchen herstellen lässt. Mahlzeiten sind auch mit Defiziten möglich.
Ich bin immer froh, wenn ich einfache Kuchenrezepte finde, denn so kann in der Herstellung weniger schiefgehen und ich brauche weniger Geduld.

Für den Kuchen benötigte ich nur:
Mehl, Zucker, Backpulver, Wasser, Öl, Kakao und Salz. Weitere eher unscheinbare Zutaten, die ich nicht hatte, hätten die Sache zusätzlich aromatisch abgerundet. Das zarte Vanille-Aroma wurde zwangsläufig durch die sanfte Härte einer Zitrone ersetzt.
Dann wurde fix alles zusammengerührt und der flüssige Teig landete in einer Kastenform, die ich mit Backpapier auslegte, da ich keine Margarine zum Einfetten hatte.
Der vorgeheizte Backofen wartete schon auf mein Kunstwerk. Ich war gespannt, was passiert und beobachtete das Geschehen aufmerksam. Zwischendurch stach ich den Kuchen mit einer kleinen Gabel an, um den Fortschritt der Konsistenz zu testen. Der Kuchen steigerte sich von flüssig auf halbflüssig und von halbfest auf fest. Dieser Vorgang dauerte, wie auch in der Backanleitung angegeben, eine Stunde. Danach befreite ich den Kuchen aus seiner Form und pulte an einigen Stellen das angebrannte Backpapier ab.

Äußerlich sah mein Werk gelungen aus, nur etwas dunkel und flach.
Und innerlich?
Ich entschloss mich gleich für einen Geschmackstest, so lange der Kuchen noch warm war, denn so mochte ich ihn am liebsten.
Die ersten Mängel kamen schnell ans Licht, als ich das erste Stück abschnitt.
Der Kuchen war zäh wie Gummi und ließ sich schlecht schneiden. Am Rand hatte er die Struktur eines Brotes und innerlich sah er aus wie Knete mit einem matten Glanz. Keine Spur von Kuchen. Aber warum? Hätte ich die Backzeit etwa verlängern müssen? Oder war ich zu großzügig/oberflächlich mit den Mengenangaben?
Ich hatte Probleme, den wirklichen Fehler zu finden.

All das hinderte mich aber trotzdem nicht daran, den Kuchen zu probieren, denn bei Kuchen kann ich nicht NEIN sagen. Absolut nicht.
Als Glasur streute ich Zucker drüber, der sorgte für mehr Harmonie und Vollständigkeit.
Damit alles auch seine Richtigkeit hatte, setzte ich das Kuchenstück elegant auf einen verzierten Glasteller und betrachtete es mit viel Optimismus. Von weitem hätte man denken können, da liegt ein leckerer Brownie.

Der erste Happs war einzigartig anders und hatte mit gewöhnlichem Kuchen nicht besonders viel gemeinsam. Aber er war auf jeden Fall zumutbar – für mich. Letztendlich hatte ich ihn ja auch nur für mich gebacken und mir war es egal, wonach er schmeckte. Hauptsache süß und sättigend. Diese wichtigen Kriterien wurden zweifellos erfüllt.
Ich freute mich über den Kuchen. Die Minderwertigkeit von Optik und Geschmack konnten mir den Appetit nicht verderben.
Denn: Es war ein Kuchen. Und ich liebe Kuchen, ob gut oder schlecht.