Der Herbst schleicht sich an

Früher verging die Zeit nicht so schnell, wie heute.

Abendstunde am Freitag

Momentan mache ich Urlaub im 2 km entfernten Nachbarort und passe auf das Haus meiner Familie (Bruder, Schwägerin und Nichte) auf, die gerade woanders im 30 Grad heißen Süden Urlaub macht. Dabei muss man gar nicht weit reisen, wenn man auf Insel Usedom lebt, denn das ist schon Urlaub genug. Andere fahren weite und stresserfüllte Strecken, um hier her zu kommen und ich, …ich wohne seit knapp 2 Jahren wieder hier in der alten Heimat und fühle mich wohl.

9 Tage pures Dorfleben erwarten mich, so lange bin ich alleine im Haus und versorge Tiere, Garten und natürlich das Haus. Da fällt einiges an. Morgens und abends pünktlich die Tiere füttern und spielen, denn Labrador Maja legt mir immer wieder den zerkauten Tennisball vor die Füße (besonders gerne während ich staubsauge). Am liebsten würde sie ihn wahrscheinlich fressen, da sie ständig so aussieht, als hätte sie Hunger auf den Ball. Sie weiß genau, wo sie suchen muss und welche Gelegenheiten günstig sind, um etwas Essbares zu ergattern. Mülleimer und Geschirrspüler sind für sie die Orte, an denen sie ihr Fressglück wittert, da werden dann schnell mal die Krümel von den Tellern gelegt, die unten im Geschirrspüler stehen…

Das Leben auf dem Land in einem großen Haus kann sich jedoch auch einsam anfühlen, wenn man es nicht gewohnt ist. Man merkt schnell, dass man alleine ist. Alles wirkt still und dunkel, etwas kalt. Die vielen Räume sind leer, unbewohnt… kein Leben. Ab und zu knackt es irgendwo und man weiß nicht, woher die Geräusche kommen. Das Licht spielt manchmal sein Eigenleben, geht an und aus,…und die rustikale Küchenlampe mit dem Dimmer ging schon am ersten Abend kaputt. Neue Glühbirnen wurden sofort nachbestellt, denn ohne Auto hat man nicht die Möglichkeit, exklusive dimmbare Lampen in der Nähe zu bekommen.

Gerade wenn das Haus schon älter ist, passieren Kleinigkeiten, die man nicht gleich einer Ursache zuordnen kann, außer, dass die Technik einfach schon älter ist und das Haus schon einiges erlebt hat. Außerdem gibt es nicht genug Licht und die Steckdosen sind auch rar verteilt. Der Keller ist alt, eine steile Holztreppe führt hinunter. Angst macht es mir nicht. Mich stört nur diese seltsame Einsamkeit. Das verleiht dem Haus eine leicht depressive Grundstimmung – vor allem in den ersten Stunden und Tagen nach der Ankunft. Man könnte meinen, es liegen negative Energien in der Luft. Keine Nachbarn im Haus… Auch die Katze schaut nur morgens und abends kurz zum Fressen vorbei. Sie ist den ganzen Tag unterwegs, trägt aber eine gut funktionierende Uhr in sich.

Das Problem mit den negativen Energien hat sich einige Tage später größtenteils erledigt. Die Gewöhnung tritt ein und man akzeptiert die Situation – es ist schließlich ein Abenteuer, mal woanders leben zu dürfen und dort den Haushalt zu führen. Auch wenn ich keine Menschen versorgen muss 😉 Ich denke einfach nicht mehr zu viel nach, will ich mir sowieso abgewöhnen. Vielleicht findet man durch die Stille wieder mehr zu sich selbst und es tut mittlerweile ganz gut. Ich mag Stille sowieso gerne, bevorzuge es jedoch, dass es in der Nähe noch andere Leute gibt und etwas mehr ‚Treiben‘ herrscht. Sei es der Nachbar, der fröhlich schief singt oder jemand, der mit seinem Auto vor meiner Wohnung parkt und ich ihn aus dem Küchenfenster heimlich beobachten kann.

Nach 5 Tagen Einsamkeit auf dem Land kam Mutti mich für eine Nacht besuchen – vom Freitag zu Samstag, das passte am besten und rüttelte sie nicht zu sehr aus ihrer täglichen Routine. Ich freute mich drauf, weil wir uns gut verstehen und immer viel Spaß zusammen haben. Und ich war mir sicher, dass mit Mutti die häusliche Depri-Stimmung bald wieder vergeht. Ist ja meist so, wenn man abgelenkt wird. Dann vergisst man seine Pseudo-Probleme schnell und alles ist wieder gut.

Am Nachmittag fuhr ich noch Einkaufen, um letzte Besorgungen zu machen. Es fehlten noch paar Sachen für den tollen Mädelsabend. Dabei ist es gar nicht so leicht, Muttis Geschmack in Sachen Essen zu treffen. Egal, was ich kaufe, sie wird es entweder nicht mögen, es ist schon zu spät zum Essen oder sie hat zu Hause schon genug genug gegessen. Es gibt immer einen Grund, Nein zu sagen. Das macht die Sache irgendwie leichter!

Danach fuhr ich kurz in meine Wohnung, ein geliefertes Paket aus dem Schuppen holen. Wäre ja schlimm, wenn jemand es wagt, es zu klauen. Obwohl meine Nachbarn keine Gefahr darstellen. Es war schön, wieder zu Hause zu sein. Good vibes only! In meiner Wohnung ist es schön, positiv und hell. Ja, das vermisse ich. Jeder ist da zu Hause, wo er wohnt. Woanders ist man der Eindringling, der fremde Energien aufsaugt und dann eventuell darunter leidet. So wie ich…

Abends spielte ich mit Maja im Garten und wartete auf die langersehnte Anreise von Mutti, welche von Papa in mein idyllisches Urlaubsdomizil gebracht wurde. Gegen 19:30 Uhr kamen sie dann endlich an und Maja freute sich enorm. Sie sprang die beiden an und verschluckte sich fast an ihrer Sabber,…oder am Ball? Nein, der blieb 3 Tage lang im Dickicht des Rasens verschwunden…bis sie ihn irgendwo wieder fand, obwohl ich alles genau abgesucht hatte….

Papa blieb nicht lange und fuhr nach Hause, um sie am nächsten Morgen um 9 wieder abzuholen. Ich zeigte Mutti das Haus und schlug ihr vor, erstmal anzukommen und sich einzurichten, denn eine gefüllte Reisetasche hatte sie selbstverständlich dabei. Natürlich hatte sie auch etwas zu Essen dabei, aber nicht für sie, sondern für mich. Unter anderem ein Glas Honig. Nachdem sie das Haus ausreichend bezogen hatte, gingen wir auch schon spazieren, um den Ort zu erkunden, den wir wir schon so lange kannten – aber noch nicht gut genug, denn wir fanden neue Wege, die uns unbekannt waren.

Vorbei an Straßen, die wir nicht kannten, an Häusern, die wir noch nie gesehen haben und sehr gemütlich aussagen. Mit Gärten, die zum Verweilen einluden und auch da herrschte wieder diese pure längliche, verschlafene Einsamkeit. Die Einwohner des Dorfes wissen das zu schätzen. Wir staunten über die Schönheit der Häuser und der Natur. Alles war so herrlich einmalig und auch die Abendluft war besonders. Dazu orange Sonnenstahlen auf den Gesichtern vom Sonnenuntergang, der auch Felder und Wiesen in goldenes Licht tauchte. Es war sehr besonders das zu erleben und wir genossen den warmen Abend in der Natur. Weit und breit war niemand zu sehen. Nur Kühe, die in der Abendsonne grasten und es sich gut gehen ließen.

Wir machten viele Fotos, redeten über alles und nichts und philosophierten über die Zukunft. Themen wie: Was wäre wenn…. Werde ich noch zur Landfrau? Mit Haus und Garten? Solche Themen… Meist reden wir so viel, dass wir am Ende wieder vergessen, über was wir gesprochen haben. Nur die wichtigsten Sätze bleiben. Und die Eindrücke des unvergesslichen Abends auf dem Land. Ein Abend, der in Erinnerung bleibt. Natur und ein lauer Sommerabend können sehr nostalgisch und teils auch melancholisch wirken. Das mag ich. Deswegen haben wir eine Menge Fotos gemacht, um uns immer wieder an diese Momente zu erinnern.

Als wir zurück im Haus waren, war der Abend auch schon vorbei. Ich ging in die Badewanne und Mutti machte sich bettfertig, um anschließend noch in ihrem Krimi zu lesen, in dem meist nicht so schöne Sachen passieren, wie die tödlichen Titel bereits verraten. So hatte jeder seine Abendroutine, die man nicht durcheinander bringen darf. Wir sind nämlich beide sehr routiniert.

Gegen 23 Uhr gingen wir schlafen. Da wurde nicht mehr viel geredet. Ich war noch recht unruhig und aufgedreht vom schönen Abend. Zum Glück schlief ich dann allmählich doch noch ein. Gefühlt jedoch nur halb, denn ich hörte Mutti schnarchen. Aber eigentlich schlief ich. Die Nacht war sehr schnell vorbei, um 6 klingelte Muttis Wecker schon, wie immer. Auch am Wochenende als Besucher ist es nicht anders. Natürlich stand ich mit auf, obwohl ich extrem müde war und ich am Wochenende lieber bisschen länger schlafe, bei meinem Schlafmangel. Egal, die Tiere mussten ja auch versorgt werden. Ich trottete so in den Morgen und wurde nicht richtig wach. Bin eben ein kleiner Morgenmuffel.

Wir aßen zusammen Frühstück. Natürlich hatte ich nicht das richtige Brot, nicht die richtigen Kekse und nicht die richtigen Kekse gekauft. Mutti probierte und aß aber trotzdem, um mir eine Freude zu machen. Dazu noch eine Tasse Kaffee, wobei Mutti einen Schluck draufgießen musste, da die Tasse nicht genau bis oben voll war. War klar! Ein Morgen voller Missverständnisse, die nicht schlimm waren. Es ist nichts Neues und wir mögen uns trotzdem. Wir sind eben zwei Steinböcke.

Danach legte ich mich für eine Stunde ins Bett, so müde war ich. Ich döste vor mich hin und hörte Musik. Meist hilft das schon gegen Müdigkeit. Einfach nur entspannen. Nach und nach wurde ich wacher und kurz vor 9 ging ich runter. Mutti stand im Garten und spielte mit Maja. Dann kam Papa auch schon und der Samstag lief für alle so weiter, wie gewohnt. Die Eltern fuhren einkaufen und ich tat, wonach mir spontan war. Erstmal Kaffee trinken und wieder ins Bett legen.

Der Besuch war kurz, aber gefüllt mit schönen Erinnerungen und eine tolle Zeit zu zweit. Komisch, wie schnell die Zeit verfliegt. Danach war wieder alles so, als wäre nichts gewesen. Das machte mich nachdenklich. Alles vergeht so schnell. Minuten, Stunden, Wochen, Jahre… Momente, die erst waren, sind bald Vergangenheit. Manches war gefühlt erst gestern, dabei liegen 15 Jahre dazwischen…

😍
Feldweg, ehemalige Strecke unserer Radtouren – auch abends
Lauer Sommerabend
❤️
Happy
Selfie 🤳🏻
Grasende Kühe, die neugierig sind
Dancing in the sun ☀️
Entspannung im Garten

Landleben und mittendrin Katze Lori

Guten Appetit, kleiner Gartenbewohner
Maja
Landhaus Idylle

Das alte Leben weggeben

Kostenlos.

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Dass ich noch einmal umziehe, hätte ich nicht gedacht. Obwohl ich immer von einer anderen und tolleren Wohnung träumte, hatte ich mich dann doch mit 47 qm abgefunden. Ich richtete alles so ein, bis sich das Wohnungsflair gut genug anfühlte. Aber dennoch war es nie wirklich perfekt. Weil es die falsche Wohnung war, um sich auszuleben und um ‚richtig‘ zu leben. Trotzdem war ich lange genug der Meinung, dass ich darin irgendwann, wenn ich sehr alt bin, mal sterben würde. Und niemand mich findet. Eine Horrorvorstellung, die leider zur Realität werden kann, wenn man ein anonymes Leben führt und gerne seine Ruhe hat.

In 5 Wochen ziehe ich um. Weg aus der Gesundheitsbranche, weg aus Rostock und rein ins Urlaubsparadies Usedom in meine Traumwohnung, die ich tatsächlich mit einer Menge Glück gefunden habe. Diesmal war es einfaches Glück: Kurze Suche, schnelle Zusage – und zwar am selben Tag der Besichtigung. Das muss man auf Usedom erst einmal schaffen. Es ist echt toll, seinen Umzug über ein halbes Jahr verteilt zu planen. Gerade, wenn man Umzüge hasst. Viel Organisation, viel Chaos… da den Überblick zu behalten macht keinen Spaß. Ich bin jedes Mal froh, wenn ich einen Notizzettel löschen kann oder ein komplizierter Anruf geklärt ist. Diesmal habe ich jedoch dazugelernt, dass Telefonieren doch ganz sinnvoll sein kann und man sich Umwege erspart. Manche Angelegenheiten lassen sich nur per Anruf klären und es ist gar nicht so schlimm, wie ich immer dachte. Trotzdem versuche ich es zuerst lieber mit langen E-Mails.

Heute bin ich ziemlich müde und kaputt. Mein Kopf fühlt sich voll an und mir ist extrem warm, dazu noch eine handvoll Kopfschmerzen. Krankgeschrieben bin ich auch, aber nicht deswegen. Trotz alledem schreibe ich diesen Beitrag. Ich möchte gerne bestimmte Momente festhalten, die mich innerlich ziemlich bewegen und nachdenklich machen, da man in solch eine Situation eher selten kommt. Außerdem möchte ich wieder mehr schreiben. In den letzten Monaten war mein Leben beruflich zu zerwühlt, um zum Schreiben noch genug Zeit und Nerven zu haben. Ich möchte gerne schreiben, aber nicht unter Stress. Ich denke, die Zukunft sieht da besser aus.

Gerade bin ich dabei, mein altes Leben in fremde Hände wegzugeben. Einige Möbel kann ich nicht in meine neue Wohnung mitnehmen, da sie entweder nicht passen oder meinen Geschmack nicht mehr treffen (manchmal ist es doof, wenn man anspruchsvoll ist). Dennoch sind es gute Möbel, über die man sich vor paar Jahren mal den Kopf zerbrochen hat. Jedes Möbelstück war gut überlegt und war mit vielen Gedanken verbunden. Ich habe ewig gebraucht, den ‚perfekten‘ TV-Schrank zu finden und die richtige Küche. Nach passenden Möbeln zu suchen und sich dann zu entscheiden, kann sehr nervig sein. Ich mag es, mich neu einzurichten, aber stressen tut es mich genauso. Zu viel Auswahl quält mich oft. Ich schaue mir gerne Möbel an und mag es, mich inspirieren zu lassen, aber ich kann es nicht genießen. Entspannen kann ich mich dabei nicht und teilweise ist es schwierig, dabei positive Gefühle zu haben, wenn man weiß, dass die Sachen noch geliefert und aufgebaut werden müssen. Dazu kommt noch Preis und ein kleiner Zweifel.

Gestern wurde mein gut ausgewählter TV-Schrank abgeholt und heute meine Küche samt Roller-Couch-Tisch. Einfach weg. Weg vom langjährigen Platz, weg aus meinem Leben. Irgendwie fühlt es sich komisch an. Vor kurzem war meine Einrichtung noch vollständig, dekoriert und genutzt…alles hatte seinen Platz, der dafür wie zugeschnitten war… und jetzt wohne ich in einer Wohnung mit fehlender Vergangenheit. Meine Vergangenheit wurde mir freiwillig genommen. Jetzt klafft in meiner Küche ein Loch, dort, wo der Büffetschrank stand und in der Wohnstube, in der nun Tisch, Anbauwand und TV-Schrank fehlen. Alles weg. Und das kostenlos. Weil die Möbel für den Sperrmüll zu schade waren und die Leute im Internet nicht wirklich Lust darauf haben, gebrauchte Möbel zu kaufen, die sie auch noch selber abholen müssen.

Ich habe kein Problem damit, Sachen zu verschenken. Mir gefällt das besser, als wenn ich sie wegschmeißen würde. Das wäre Verschwendung, wenn der Zustand noch fast wie neu ist. Ich freue mich lieber daran, wenn Leute Freude an den Dingen haben, die ich verschenke und das Verschenkte dadurch ein neues Leben bekommt. In einem anderen Haushalt, mit anderen Menschen.

Sehnsucht (Oktober 2013)

Ich sitze fast wie erstarrt und still in meinem Zimmer. Es ist Abend und ich bin allein. Das einzige Geräusch ist der Regen, der gegen das Fenster schlägt. Mein Blick fällt auf einen großen Stapel Zeitungen, die in meinem Schrank ungeordnet aufeinander liegen. Wenn ich auf das Datum schaue, überkommen mich Wehmut und Sehnsucht. Die Zeitungen sind alt, aber wenn ich darin blättere, könnten sie von heute sein. Jedes Bild ist mir bekannt, kein Text ungelesen.

Das Zimmer ist auf einmal gefüllt mit Melancholie und gemischten Gefühlen. Gefühle von heutigem Zweifel und früherer Vorfreude, sowie Glück. Es gab Zeiten, in denen alles perfekt schien. Diese Zeiten liegen heute in Scherben in der Vergangenheit und existieren nur noch in dunkler Erinnerung.

Wird es diese Zeiten je wieder geben – zwar in anderer Form, aber vielleicht ähnlich? Ich werde nachdenklich. Schwer, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Nichts wird wieder so, wie es mal war. Veränderungen kommen, bleiben und gehen. Nie wieder wird Vorfreude so sein, wie sie einst war, die Enttäuschungen der Zeit hat sie vertrieben.

Und wo ist die Unbeschwertheit, die mich stets begleitet hat? Auch sie hat sich im Laufe der Erfahrungen schleichend verabschiedet.

Draußen ist es nass, kalt und bunt. Der Herbst steht vor der Tür. Die Jahreszeit, die trüben Gefühlen die Tür öffnet und sie traurig begrüßt. Ich bin gerne allein und genieße es, mich in meiner Sehnsucht nach dem Vergangenen zu suhlen und alte Jahre wieder aufleben zu lassen.

Eine einzige Kerze brennt nur noch, die anderen sind bereits abgebrannt. Um mich herum ist es halbdunkel, aber warm.

Meine Gedanken wechseln zwischen gestern, heute und morgen. Alles ist möglich. Nur ich entscheide in welcher Realität ich leben möchte und was ich will.

Meine Entscheidung ist: Loslassen und mit einem Lächeln durch den Regen und durch die Pfützen zu springen. Durch das Herbstlaub zu rascheln und mit dem Moment eins zu sein.

Die Kerze erlischt mit einem Hauch, das Zimmer wird dunkel. In mir kehrt Frieden ein, Zweifel verschwinden in der Dunkelheit und verstecken sich. Es liegt an mir, ob ich sie morgen suchen möchte, um sie dann erneut in mein Leben zu holen.

Ich werde müde und schaue im silbernen Mondlicht an die runde verzierte Deckenlampe meiner Oma. Draußen bellt ein Hund in der Nacht, während ich in dem alten Gäste-Bett liege und auf meine Eltern warte, die noch spät in der Küche sitzen und sich mit meinen Großeltern über alte Zeiten unterhalten.

Ich wünschte, die Zeit würde stillstehen oder wiederkommen. Oder wird es eine andere, neue Zeit geben, die dieser ähnelt? Läuft das Leben nicht in einer Endlosschleife, in der sich alles nach einer Weile ähnlich wiederholt?

Der Gedanke lässt mich hoffen und ich werde müde.

August, 1 Jahr später


Diese Seite verstummt, ich weiß. Eigentlich gibt es viel zu sagen, würde ich mich nicht so verdammt gelähmt fühlen. Innerlich. Alles ist lahm geworden, dabei passiert in meinem Leben so viel. So viel Aufregendes. Neuer Job, neue Figur, neues Aussehen – all sowas. Dinge, über die man sich freuen kann und die für viele Menschen erstrebenswert sind. Ich habe so vieles erreicht. Und dennoch: Richtig gut geht es mir seit einem Jahr nicht mehr. 
Eigentlich gibt es für diese starke Melancholie, die ich spüre, gar keinen Grund, weil eigentlich alles nahezu perfekt ist. Ich müsste also glücklich und fröhlich sein, den ganzen Tag lächeln…
Der Knackpunkt ist eigentlich. Eigentlich, eigentlich, eigentlich. Wie soll ich etwas erklären, für das es eigentlich keine vernünftige Erklärung gibt. Unvernünftig ist der passendste Ausdruck für mein Verhalten. Naiv, gar kindisch. Irgendwie. Etwas stimmt einfach nicht und dieser ewige Kreislauf nimmt kein Ende, weil das Erlebnis vom vergangenen Sommer so sehr an mir haftet. Es klebt an mir und ich kann mich nicht davon befreien. Dabei ist es so schädlich, an der Vergangenheit zu kleben. Weil sie nicht mehr aktuell ist und sich Dinge nicht mehr rückgängig machen lassen. 

Was zurückbleibt ist Zerstreuung. Ich versuche mich jeden Zag zu ordnen, aber bis jetzt habe ich es an keinem Tag geschafft. Zumindest nie so, wie es sein sollte. Ich sollte in der Gegenwart leben und nicht jeden Abend in diese Traurigkeit und Sehnsucht abdriften. So gut ich mich jeden Tag auch ablenke, es funktioniert niemals vollständig. Die Wehmut findet immer zurück zu mir. Dann liege ich im Bett, starre minutenlang Gegenstände an und verschwinde in der Verlorenheit. Das passiert mir immer häufiger, dass ich einfach nur daliege und gar nichts tue. Oder morgens schlecht aus dem Bett komme und immer wieder die Decke über den Kopf ziehe, um im Dunkeln zu liegen. Oder die Rollos den ganzen Tag unten zu lassen, weil mir die Dunkelheit mehr zusagt und mein Innerstes widerspiegelt. Ich fühle mich wohl im Dunkeln. Vor einem Jahr war das noch anders. Da war ich energiegeladener und nicht so komisch drauf, wie jetzt. Mein jetziger Zustand beschreibt eher den Rückzug, der von der völligen Isolation trotzdem noch weit genug entfernt ist, denke ich.

Heute, vor genau einem Jahr hatte ich dieses Treffen, das mich emotional so sehr veränderte, dass ich mich kaum noch mit früher vergleichen kann. Manche Erlebnisse sind einfach einschneidend, auch wenn es übertrieben scheint, zu behaupten, dass man sich sofort in jemanden ‚verlieben‘ kann. Aber irgendwie kann man es. Obwohl es mehr als absurd klingt. Ich weiß…
Dabei ging das Treffen nur knapp drei Stunden und ich wurde danach aus ‚geschäftlichen‘ Gründen nach Hause geschickt. Ich wurde sogar fast vor die Straße gesetzt, ohne zu wissen, ob ich mit dem Zug noch um die Zeit nach Hause komme. Aber er war so nett und fuhr mich dann doch noch zum Bahnhof, nachdem ich mich so hilflos und weinerlich verhielt. Klingt also nicht gerade nach einem Super-Date. Genau das ist eben das Absurde daran. Eigentlich hat nichts weiter stattgefunden als: Abholen/Bahnhof/Spaziergang – Erzählen/Gin/Blickkontakt – Verabschieden/Vespa/Bahnhof. Jeder Part davon dauerte aufgeteilt also jeweils eine Stunde. Und der Blickkontakt hat es mir am meisten angetan. 

Alles so banal, und doch so wahnsinnig gravierend für mich. Weil er mich so verdammt anzog, mit allem. Seiner Persönlichkeit, seinem Aussehen, seinem Charakter.. Und dass, obwohl ich ihn so gut wie gar nicht kannte, sondern nur erahnen konnte, wie er wohl wäre,..mit all meiner Menschenkenntnis war ich der Annahme, mir von vornherein ein exaktes Bild von ihm machen zu können. Welch dummer Gedanke,..eigentlich.
Es klingt alles so schwachsinnig, obwohl ich meine Gefühle und Gedanken damit nicht verleugnen möchte. Weil sie immer noch so präsent sind, wie damals. Meine Gefühle sind immer noch da, trotz all der Umstände. 

Klar fand ich es nicht toll, als ich nach drei Stunden spontan nach Hause geschickt wurde, trotz seines tollen Gästezimmers. Aber es hatte nichts mit mir zu tun, sondern mit einem Meeting, das sich ziemlich rasch via PC aufdrängelte. Wie auch immer..Vielleicht gab es im Nachhinein doch ganz andere Gründe. Wahrscheinlich war er auch zu dem Zeitpunkt schon in einer Beziehung. Ich habe keine Ahnung. Immerhin sagte er später oft genug, er sei vieles nicht wert. Schon gar nicht, dass ich ihn mag und ihn so begehre. Entweder litt er an falscher Bescheidenheit oder weil er wusste, dass er gerne mal Frauen betrügt. Ich wüsste gerne, was damals genau passierte. Eigentlich wüsste ich am liebsten noch viel mehr über ihn. Ich hätte ich so gerne kennengelernt, insgesamt. 
Heute vor einem Jahr war noch alles in Ordnung. Ein gewöhnlicher Samstagvormittag mit meinen Lieblings-TV-Serien und einer gewaltigen Portion Aufregung. Nebenbei texteten wir miteinander und erzählten davon, was wir alles miteinander vorhatten an diesem Abend. 
Alles war super und klang eindeutig nach Happy End. Etwas anderes wäre undenkbar gewesen, da alles zwischen uns perfekt war. 

Heute weiß ich, dass es perfekt nicht mehr gibt. Er war perfekt. Aber seit ungefähr zwei Monaten brach er den Kontakt ab, da er meine seltsamen Liebeserklärungen und mein bettelndes Verhalten nicht mehr länger ertrug. Verständlich. Warum habe ich mich nicht endlich mal zusammen gerissen? Er ist schließlich in einer Beziehung und scheint diese Frau mehr zu mögen, als mich. Denn wäre es anders, hätte er sich für mich entschieden. Dieser Fakt schmerzt. Seit zwei Monaten wohne ich auf seiner Blockierliste, da ich es einfach nicht verstehen wollte, dass er jeglichen Kontakt zu mir ablehnte. Da es nicht gut für ihn war und für mich sowieso nicht. Leider wollte ich nichts davon verstehen. Ich lebte immer noch in der Überzeugung, ihn umstimmen zu können. 

Es schmerzt. Kein Kontakt mehr, keine Möglichkeiten, kein Wiedersehen. Nie mehr. Dabei versprach er mir, dass wir uns im August wiedersehen. Ein Jahr später, ganz unverbindlich. Kaffee trinken, ganz kurz. Hauptsache, wir sehen uns. Aber daraus wurde nichts und meine Traurigkeit wuchs dadurch umso mehr. Wie sehr hatte ich mich auf dieses Treffen gefreut…jeder einzelne Moment hätte für mich gezählt und mich glücklich gemacht. Jede Sekunde ist wertvoll.
Seitdem herrscht in mir Leere, emotionale Leere. Diesen Abbruch verkrafte ich nicht. Ich spüre genau, dass er mir extrem fehlt. Mir fehlt diese eigentlich fremde Person, die immer zu mir sagte, er wäre eine Projektion. So etwas, wie ein Fantasiegebilde. Vielleicht war er das auch, und dennoch kann ich ihm nicht zustimmen. Für mich war er mehr. Manche Männer muss man nicht kennen, um zu wissen, dass sie die richtigen sind. Man weiß es einfach aus dem Herzen. 

Diese Story hört sich nach einem einzigen Chaos an. Und ja, es gibt tatsächlich kaum Worte und eine Erklärung dazu. Für mich ist es auch Chaos. Diese Story ist einfach nur Gefühl und beinhaltet diese starke unerfüllte Sehnsucht, die vielleicht niemand mehr stillen kann. Es ist schwer. 
Dieses Treffen spielt sich in meinem Kopf jedes Mal wie ein Film ab. Gerade heute. Ich erinnere mich genau daran, was ich wann getan habe, wann ich wann wo war… Dieser ganze Tag ist komplett in mir abgespeichert, mit all seinen Szenen und Wort- und Gedankenfetzen. Ich habe nur Schnipsel im Kopf. Auch der damalige Chat schläft auf meinem Handy. Alles ist so frisch, obwohl es schon ein Jahr her ist und ich frage mich, ob ich jemals aus dieser Endlosschleife flüchten kann, wenn ich doch so sehr an ihm hänge. Obwohl es überhaupt gar nichts bringt. Aber diesen Gedanken verdränge ich… 

Vorweihnachtsmelancholie.

  

Ein Sommer…

 …im Regen. 

Weihnachten

Lonely Christmas.
Weihnachtliche Besinnlichkeit und Melancholie der Einsamkeit, nachdem der Besuch abgereist ist.
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Sehnsucht

 

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Ich sitze fast wie erstarrt und still in meinem Zimmer. Es ist Abend und ich bin allein. Das einzige Geräusch ist der Regen, der gegen das Fenster schlägt. Mein Blick fällt auf einen großen Stapel Zeitungen, die in meinem Schrank ungeordnet aufeinander liegen. Wenn ich auf das Datum schaue, überkommen mich Wehmut und Sehnsucht. Die Zeitungen sind alt. Aber wenn ich darin blättere, könnten sie von heute sein. Jedes Bild ist mir bekannt, kein Text ungelesen.

Das Zimmer ist auf einmal gefüllt mit Melancholie und gemischten Gefühlen. Gefühle von heutigem Zweifel und früherer Vorfreude, sowie Glück. Es gab Zeiten, in denen alles perfekt schien. Diese Zeiten liegen heute in Scherben in der Vergangenheit und existieren nur noch in dunkler Erinnerung.

Wird es diese Zeiten je wieder geben – zwar in anderer Form, aber vielleicht ähnlich? Ich werde nachdenklich. Schwer, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Nichts wird wieder so, wie es einmal war. Veränderungen kommen, bleiben und gehen. Nie wieder wird Vorfreude so sein, wie sie einst war, die Enttäuschungen der Zeit hat sie vertrieben.

Und wo ist die Unbeschwertheit, die mich stets begleitet hat? Auch sie hat sich im Laufe der Erfahrungen schleichend verabschiedet.
Draußen ist es nass, kalt und bunt. Der Herbst steht vor der Tür. Die Jahreszeit, die trüben Gefühlen die Tür öffnet und sie traurig begrüßt. Ich bin gerne alleine und genieße es, mich in meiner Sehnsucht nach dem Vergangenen zu suhlen und alte Jahre wieder aufleben zu lassen.

Eine einzige Kerze brennt nur noch, die anderen sind bereits abgebrannt. Um mich herum ist es halbdunkel, aber warm.
Meine Gedanken wechseln zwischen gestern, heute und morgen. Alles ist möglich. Nur ich entscheide, in welcher Realität ich leben möchte und was ich will.

Meine Entscheidung ist: Loslassen und mit einem Lächeln durch den Regen und durch die Pfützen zu springen. Durch das Herbstlaub zu rascheln und mit dem Moment eins zu sein.
Die Kerze erlischt mit einem Hauch, das Zimmer wird dunkel. In mir kehrt Frieden ein, Zweifel verschwinden in der Dunkelheit und verstecken sich. Es liegt an mir, ob ich sie morgen suchen möchte, um sie dann erneut in mein Leben zu holen.

Ich werde müde und schaue im silbernen Mondlicht an die runde verzierte Deckenlampe meiner Oma. Draußen bellt ein Hund in der Nacht, während ich in dem alten Gästebett liege und auf meine Eltern warte, die noch spät in der Küche sitzen und sich mit meinen Großeltern über alte Zeiten unterhalten.

Ich wünschte, die Zeit würde stillstehen oder wiederkommen. Oder wird es eine andere, neue Zeit geben, die dieser ähnelt? Läuft das Leben nicht in einer Endlosschleife, in der sich alles nach einer Weile ähnlich wiederholt?
Der Gedanke lässt mich hoffen und ich werde müde.