Ego-Craving

Kennst du das?
Du liegst nächtelang wach im Bett, obwohl du müde bist.
Stunden später wachst du auf und weißt nicht, warum.
Und vor allem wofür?
Deine Augen schließen sich wieder.
Ein traumloser Schlaf folgt.

Du bist auf der Flucht vor dir selber.
Mit der Hoffnung, irgendwo anders Erfüllung zu finden.
Bist du dort angelangt, bist du wieder auf der Suche.
Ohne jemals Erfolg zu haben.
Diese Suche wird nie beendet sein.

Dein Kopf wird geflutet von Ideen, doch niemand will sie haben.
Es gibt zu viele. Zu viele Ideen und zu viele Menschen.
Dabei sind Ideen dein Leben. Deine Kraft.
Ein Leben, das du nicht teilen kannst.
Eine Kraft, die du für nichts anderes aufbringen kannst.
Dein Leben ist für manche unsichtbar, für dich ist es dein Mittelpunkt.

Du strebst nach dem Unerreichbarem, siehst darin einen Ansporn.
Hast du etwas erreicht, ist es nichts Besonderes mehr.
Ziele verlieren ihren Wert, sobald du sie erreichst.
Deine Zufriedenheit löst sich auf.
Dein Glück ist nicht beständig.
Unmut bedrängt dich.

Du hast Hunger, doch du wirst nicht satt.
Eine ewige Sehnsucht durchzieht deinen Körper und deine Seele.
Befriedigung findest du nur für einen kurzen Moment.
Danach ist alles nichtig.
Alles, was du gewinnst, ist schon halb verloren.
Das Leben ist Risiko und keine Insel der Sicherheit.
Nichts ist für immer.

Dein Werkzeug ist dein Herz, nicht dein Verstand.
Doch was tust du, wenn dein Herz kaputt ist?
Der Motor deines Handelns, deines Daseins.
Was wird dich lenken? Was wird dich treiben?
Es sind die Impulse, die dir den Weg weisen.
Die Intuition ist dein Fahrschein zurück ins Leben.
Folge ihr.

Letztens an der Ampel – ich sehe rot neben meinem Ex

 

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Es war Anfang Dezember und somit Zeit, dem Weihnachtsmarkt einen Besuch abzustatten. Meine Mädels und ich hatten diesen Termin schon vor einer Woche vereinbart und nun war es soweit. Ich freute mich. Obwohl ich wusste, dass meine Freundinnen erst bisschen später am Treffpunkt ankommen würden, fuhr ich mit meinem Rad los. Überpünktlich wie immer. Aber was sollte ich alleine zu Hause herumsitzen. Warten konnte ich auch draußen in der Gesellschaft fremder Menschen.

Also zog ich mir meine dicke grüne Winterjacke an, schwarze Handschuhe und eine warme lila Wollmütze über den Kopf. Dazu Stiefel, in denen ich jetzt schon kalte Füße hatte.
Und auch meine schwarze Hose bestand nur aus dünnem Stoff, der kühl auf der Haut lag. Aber alles egal. Hauptsache, ich sah gut aus. Man weiß nie, was noch passiert.
Danach holte ich mein Fahrrad aus dem Keller und machte mich langsam auf dem Weg. Schließlich hatte ich ca. eine halbe Stunde Fahrtweg vor mir, dachte ich.
Ich fuhr gelassen mit dem Rad den üblichen Weg. Natürlich waren wieder alle Ampeln auf rot, an denen ich vorbeikam. Die Straßenbahn kam auch überall dazwischen.
Gerade, als ich wieder freie Fahrt hatte, erspähte ich eine Person aus dem linken Augenwinkel heraus. Ich sah zwar nur seine Umrisse von hinten, aber erkannte sofort, dass es mein Ex war. Er trug eine bunte Jacke und eine schwarze Hose, die ich noch von damals kannte.
Er muss gerade aus der Straßenbahn gekommen sein. Damit fuhr er täglich zur Arbeit, so viel ich wusste. Einen kurzen Moment überlegte ich, ob ich weiter geradeaus fahre oder ob ich mich dreist zu ihm an die rote Ampel stelle. Ganz unbemerkt natürlich.
Innerhalb einer Sekunde wusste ich, was zu tun ist. Ich war aufgeregt und mein Herz sprang wie verrückt.
Mein Weg würde nun an ihm vorbeiführen. Aber bevor ich bei ihm war, musste ich noch wieder an einer roten Ampel warten. Ich hoffte, dass das Timing stimmte und seine Ampel nicht eher grün werden würde als meine. Mein Körper schüttete so viel Adrenalin aus, dass ich zitterte. Trotzdem blieb ich brav an der roten Ampel stehen, obwohl keine Gefahr zu sehen war. Als sie auf grün umschaltete, sprang ich sofort wie eine Wilde auf meinen Sattel, wobei sich die Kabel meiner Ohrstöpsel an den Drähten des Fahrradkorbes verhedderten. Das passierte mir öfters mal. Ein Handgriff genügte, um mich wieder zu befreien.
Mein Ex bekam davon nichts mehr mit, als ich auf einmal neben ihm bremste und zum Stehen kam.
Ich wusste, dass er es ist. Aber ich schaute nicht zur Seite, sondern stur geradeaus zur Ampel. Er stand genau links neben mir und vielleicht ein Stückchen dahinter. Jetzt war ich ihm so nah wie schon lange nicht mehr. Und dennoch wollte ich ihm nicht in die Augen schauen. Das hätte mir wohl den Tag verdorben. Hätte er keine Freundin, wäre die Begegnung sicher anders verlaufen. Aber: Er hat eine Freundin, immer noch. Mein Ex und ich haben zwar Kontakt per SMS, aber er hat eine Freundin. Und die ist mir ein Dorn im Auge. Denn zwischen meinem Ex und mir funkt es immer noch, irgendwie. Aber er kapiert nichts.
Wie dem auch sei. Nun stand er neben mir. Ob er mich erkannte und mich beobachtete? Dass ich eine grüne Jacke hatte, wusste er schließlich von dem Foto, welches ich ihm letztens schickte.
Ich stand mit ihm an der Ampel und zitterte mir einen ab. Kalt war mir nicht. Die Ampel war gefühlte Ewigkeiten auf rot. So gerne hatte ich noch nie an einer roten Ampel gewartet. Ich genoss es richtig, diese Nähe ohne Worte und seine heimlichen Blicke. Erst dachte ich noch, ich spreche ihn an. Aber dann dachte ich, das wäre nicht der richtige Moment. Lieber erst abwarten, was in den nächsten Wochen noch so passiert. Es wäre zu plump gewesen, ihn einfach so überraschend anzuquatschen mit all diesen Standardsprüchen. Für ihn müsste mir ein ganz besonderer Spruch einfallen, den ich gerade nicht auf Lager hatte. Also blieb es bei einem sprachlosen Treffen. Hoffentlich hatte ich einen guten Eindruck bei ihm hinterlassen, mit meiner glamourösen Erscheinung, bei all dem Glitzer an meinem Körper (Handschuhe, Mütze, Tasche).
Nach einer Weile ging die Ampel auf grün und ich fuhr mit vollem Elan weiter auf meinem Fahrrad. Ohne mich umzudrehen, ganz lässig mit der linken Hand in meiner Jackentasche. Auf und davon.
Wahrscheinlich war es richtig, viel zu früh losgefahren zu sein. Dieses ungewollte Treffen ließ mir für den Rest des Tages keine Ruhe.
Nach 15 Minuten war ich am vereinbarten Treffpunkt. Alleine.
Als ich auf mein Handy schaute, sah ich eine Nachricht: Bist du eben mit dem Rad an mir vorbeigefahren?
Ich antwortete erst Stunden später.

Eine Ballade an den Keks

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Auf meinem Tisch, da liegst nur du
Noch ahnst du nicht, was ich gleich mit dir tu‘.
Alles scheint dir so wie immer
Doch auf der Erde bist du bald nimmer.
Du bist so klein, so krümelig fein
Findest es toll, ein süßer Keks zu sein.
Bedeckt mit vielen samtigen Schockoflocken
So lässt du schnell an dich locken.
Es wird immer später,
Und über dir lauert der hungrige Täter.
Ein unheimliches Knurren erfüllt den Raum,
Du denkst, Oh mein Gott, was ist das – hoffentlich nur ein Traum!
Du kleiner Keks, da hockst du nun,
Ganz unruhig, kannst nicht ruh’n.
Deine Freunde sind schon alle tot,
Verschlungen in großer Not.
Bald wirst du sie alle wiederseh’n,
Nur werden bis dahin einige Stunden vergeh’n.
Dir gefiel dein Leben als kleiner Keks,
Möchtest dich nicht hergeben, keineswegs.
Würdest am liebsten weghüpfen,
Schnell in ein sicheres Versteck schlüpfen.
Doch bald ist es zu spät,
Dein Alptraum wird harte Realität.
Ein Gesicht – ein Mund nähert sich,
Nun ist es gleich aus für dich.
Du schließst deine kleinen Krümelaugen,
Bevor weiche Lippen sich an dich saugen, dir deinen pfeffrigen Atem rauben.
Das war dein Leben, schön und kurz –
Aber so ist es eben, noch bleibt es einen Moment an des Täters Zähnen kleben.