Ich backe dir einen Kuchen, mit all meinen Tränen, die ich voller Kummer in den Teig weine. Weil du Geburtstag hast und ich nicht mehr eingeladen bin.
Erstens muss ich an dem Wochenende arbeiten und zweitens hast du keine Gefühle für mich, wie du mir per Mail erklärt hast. Ein Schock, nach all der Hoffnung, die du über Wochen in mir geweckt hast. Vor einigen Tagen waren wir uns noch so vertraut und nun sind wir distanzierte Fremde. Oder enge Freunde. Wie es immer üblich ist, wenn es für eine ernsthafte Beziehung nicht reicht und man die Schmerzphase überwunden hat
Gründe konntest du mir nicht nennen, nein. Aber dein Bauch ist der Meinung, dass ich nicht zu dir passe. Und du glaubst ihm. Gegenseitige Sympathie und Attraktivität werden ausgeblendet, weil dein Bauch recht hat. Basta.
Kann dein Bauch sehen?
Kann dein Bauch mehr fühlen, als dein Hirn?
Warum vertraust du deinem Bauch mehr, als uns?
Ich kapiere es nicht. Akzeptieren muss ich es trotzdem.
Weinend sitze ich auf dem Küchenstuhl, mit der traurigen Teigschüssel vor mir. Mein verschwommener Blick starrt auf deine letzte Mail, die ich immer und immer wieder durchlese und mit jedem Satz neu interpretiere, um doch noch etwas Positives zu finden. Aber es gibt nichts.
Kurz nach Mitternacht schiebe ich den Teig in den Ofen, völlig apathisch. Ich ziehe die Küchenuhr auf, damit der Kuchen nicht anbrennt, in meiner geistigen Abwesenheit. Dennoch wird er an einer Ecke schwarz. Was soll’s, die Schokoglasur wird den Fehler schon vertuschen.
Das wird der erste Kuchen sein, den ich im Paket verschicken werde und wahrscheinlich wird es keinen Anlass geben, so etwas nochmal zu tun. Wer verschickt schon verderbliche Lebensmittel mit der Post…
Damit der Kuchen nicht alleine reisen muss, kann er die Gesellschaft netter Worte, die auf Papier geschrieben sind, genießen und darf sich von Konfetti schmücken lassen, dass ich in den Karton streue. Lauter Herzchen und Kleeblättchen als Symbol, wie sehr ich dich mag.
Zum Schluss wird er in Servietten eingebettet, die ihn vor groben Stößen schützen. Außerdem habe ich nebenbei auch 18 Muffins gebacken, die als Airbag dienen.
Ob der Kuchen salzig geschmeckt hat, werde ich nie erfahren, da er nie bei dir angekommen ist (trotz Sendungsverfolgung) und die Liebe nie deinen Magen erreicht hat.
Ein vergessenes Paket und unerwiderte Gefühle, die nach und nach sterben werden, damit die Freundschaft Platz hat, die mit der nächsten festen Freundin aufhört.
Archiv des Autors: badredheadlady
Gunther Hecht: Aus dem Wasser, in die Pfanne
Leicht und geschmeidig gleite ich durch das trübe Wasser, an einem stillen sonnigen Herbsttag. Mein Magen ist mit Leere gefüllt und das Gefühl der Schwerelosigkeit nimmt zu – ich habe Hunger! Auf der Suche nach etwas Essbarem schaue ich mich nach Freunden und Familie um. Leider ist niemand zu sehen, bis auf ein paar glibberige Quallen, die ziellos im Wasser treiben. Ich habe sie noch nie gemocht, sie schmecken nicht. Hungrig suchend ziehe ich meine Bahnen. In der Ferne erahne ich auf einmal etwas, das mich interessiert. Dort bewegt sich etwas und es weckt meinen Jagdtinstinkt. Sofort schwimme ich näher heran und kann nichts anderes tun, als anzubeißen. Der Biss tut verdammt weh. Etwas Spitzes hat sich in meinem Maul festgefangen. Ich winde mich und versuche zu entkommen. Stattdessen werde ich an einem dünnen Bindfaden schmerzhaft hochgezogen. Ein letztes Mal fällt mein Blick zurück ins Wasser. Aus dem Augenwinkel heraus erkenne ich meine Frau Gertrud, die mir traurig hinterherguckt. Ich hätte ihr gerne noch gesagt, wie sehr ich sie liebe. Es tut mir Leid, dass ich so dumm war und auf diesen glitzernden Gummifisch hereingefallen bin.
Jetzt kommt ein großes Netz zum Einsatz, von dem ich gekonnt eingefangen werde und ich kann mich nicht dagegen wehren. Mir bleibt nicht anderes übrig, als mich meinem Schicksal zu ergeben und für mich wird es nicht gut enden, das spüre ich.
Dann werde ich mit einem Kopfschlag auf’s Boot geschmissen. Ich fühle mich ganz beduselt. Der Wind zieht barsch durch meine Kiemen und ich schnappe eifrig nach Luft. Meine Flossen zucken, aber ich komme nicht von der Stelle. Eine Minute später wird dieser unangenehme Zustand durch einen kurzen Messerstich beendet. Ich bin tot.
Anschließend werde ich in eine durchsichtige Plastiktüte gepackt und in einer kühlen Box verstaut, in der noch viel Platz ist. Neben mir liegt ein Messer, an dem altes Blut klebt. Ist das vielleicht der Ort, wo meine Freunde zuletzt waren? Jedes Mal, wenn die Klappe aufgeht, rechne ich mit toter Gesellschaft. Aber ich werde nur angeguckt und angefasst. Ich höre, wie eine Stimme sagt:“Ist der noch gut, Ali?“
„Jaaa“, schreit jemand.
Mir ist schon lange nicht mehr gut.
Mein Zeitgefühl habe ich zwar verloren, aber nach gefühlten Stunden bin ich immer noch alleine. Ich lausche, was draußen vor sich geht.
„Wir fahren nach Hause. Heute ist einfach kein guter Tag, nichts tut sich. Gar nichts, kein Biss, nichts. Ich bin echt traurig.“
Bin ich froh, dass Gertrud nicht angebissen hat. Ihr hohes Selbstwertgefühl hat ihr das Leben gerettet. Dennoch vermisse ich sie.
Hinter mir rattert der Motor und mein lebloser Körper vibriert rhythmisch in der Box.
Nach einer Weile wird der Deckel geöffnet und ich werde im Mondlicht durch die Gegend getragen. Ich habe keine Ahnung, wohin.
Irgendwer fragt direkt neben mir:“Oh je. Nur ein Hecht? Zeig mal.“ Wahrscheinlich sind sie enttäuscht, dass ich Gertrud nicht mitgebracht habe. Ich muss ständig an sie denken und vergesse alles um mich herum.
„Wir sind da, pack schon mal den Fisch auf den Tisch, bitte!“
Meine Gedanken werden abrupt unterbrochen. Den Fisch? Ich? Was passiert jetzt mit mir?
Wieder werde ich hektisch woanders hingetragen und in einem hellen Raum auf eine Zeitung gelegt. Mein Blick ist leer und mein Maul ist taub. Als ich das metallische Rascheln im Besteckkasten höre, werde ich hellhörig. Es klingt gefährlich!
„Zuerst schneidet man den Kopf und die Flosse ab“, sagt der Typ über mir und tut im gleichen Moment das, was er sagt.
„Und dann schneidet man einfach den Bauch auf und zieht das Messer so durch den Fisch. Das ist alles eigentlich gar nicht so schwer.“
Ich mag gar nicht dabei zusehen, was er mit mir anstellt und komme mir vor, wie in einem Splatterfilm. Konzentriert und geschickt werde ich mit einem großen Messer in Stücke geteilt. Mein Blut wird von der Zeitung aufgesogen und die anderen kleinen Reste werden mit einem nassen Lappen weggewischt. Alles, was von mir nicht gebraucht wird, landet im Müllsack. Mein leerer Magen auch.
Am Ende bleiben von mir vier mittelgroße Filets übrig, die behutsam in Mehl gebadet werden.
In der Nähe höre ich schon das nervöse Knistern in der Bratpfanne, die Butter wartet schon auf mich.
„Mittlerweile habe ich echt Hunger“, sagt Ali und legt mich in die Pfanne.
Ach ja? Den hatte ich auch und musste dafür sterben. Dafür sterben, dass ihr euren Hunger stillt und satt werdet. Wie gemein.
Meine letzte Station ist der Teller, eine Prise Salz hilft mir dabei, endgültig Abschied zu nehmen.
Wenigstens seid ihr nun glücklich, wenn ich euch schmecke.
Auf Wiedersehen, Gertrud.
Zu Hause im Fernweh
Noch immer nicht richtig zu Hause, aber auch nicht mehr im Hotel. Die lange Strecke von Schottland zurück nach Deutschland hatte mir ganz schön mein inneres Gleichgewicht verdreht.
Mein Herz war noch nicht vollständig in der alten Heimat angekommen und meine Gefühle waren noch leicht verweht von der langen See- und Busfahrt. Ein kurzer Flug hätte sicher ähnliche Folgen gehabt, mit zusätzlichem Mini-Jetlag.
Die heimatliche Verbundenheit schlummerte noch tief in mir, wollte noch nicht erwachen. Stattdessen kribbelte das Fernweh wie verrückt. Der Urlaub in Schottland war wunderschön, sodass er mich das normale Leben erst mal vergessen ließ und ich den Eindrücken eine ganze Weile nachhing, bis ich sie halbwegs verarbeitet hatte. Zeitweise fühlte ich mich wie erschlagen von all den schönen Erlebnissen, an die ich immer wieder denken musste.
Das sofortige Basteln eines neuen Fotoalbums hätte mir sicherlich schnell Erleichterung verschafft, denn dort hätte ich meine tollen Erfahrungen einkleben und bunt gestalten können. Aber für die kreative Ballastentsorgung hatte ich leider noch keine Zeit.
Ich fühlte mich Tage später immer noch neben der Spur.
Während ich meine übliche Radtour auf gewohnten Wegen machte, fühlte ich mich seltsam. Alles um mich herum hatte einen subtilen Touch und wirkte etwas befremdlich. Hier war es längst nicht so wie in Schottland, nein. Die einzige Gemeinsamkeit war das diesig nebelige Wetter, mehr konnte ich nicht finden. Und auch die Luft roch kein bisschen nach frischem Atlantik, sondern nach ruhiger Ostsee. Darin gab es einen überraschend großen Unterschied. Die Atlantikluft war stärker, intensiver und gab mir viel mehr Kraft. Dagegen kam die Ostsee, die im Vergleich wie ein kleiner See wirkte, nicht an.
Beim Radfahren durch den einsamen Herbstwald nahm ich meine Umgebung nur gedämpft wie durch einen Filter wahr, denn vor meinen Augen tauchten wiederholt die Eindrücke meines Urlaubs auf. Ein Bild nach dem anderen, wie eine schnelle Diashow. Welch fotografisches Gedächtnis. Ein leises Gefühl der Sehnsucht beschlich mich, obwohl mir bewusst war, dass ich hier her gehörte, da jeder seinen Ursprung fest in sich trägt.
Bei uns waren die Wälder noch grün, in Schottland kehrte schon langsam zart der goldene Herbst ein. Die Straßen waren oft nass, denn es regnete nach Zufallsprinzip: Mal kurz, mal länger und dann wieder Pause. Die Sonne ließ sich seltener blicken, aber wenn, dann warfen die Wolken ihre Schatten auf die Highlands und zogen dort geheimnisvoll vorüber. Es war das reinste Schattenspiel. Die Wolken verdeckten die Sonne wieder so schnell, dass sie die Funktion eines An- und Ausschalters übernahmen. Durch sie drang die Sonne nicht mehr hindurch und sie tauchten alles in diffuse Dunkelheit.
In Schottland gab es zerklüftete Küsten, niedliche winzige Inseln, unzählige Seen, schroffe Felsen, sanfte raue Berge, Höhen mit Spitzen, versteckte Schluchten und unendliche Freiheit, die einen im Nu verschlingen konnte. In der Freiheit war es leicht, ein Niemand zu werden.
Zu Hause gab es all das nur in stark eingeschränkter Form. Und trotzdem gehörte ich hier her.
Manchmal möchte ich die stressigen Phasen des Lebens gern gegen die Einsamkeit eintauschen. Aber würde es mich auf Dauer glücklich machen? Wohl eher nicht. Ich gehöre nicht unbedingt zu den Eremiten. Trotzdem schaute ich mir mit Wehmut die stark abgelegenen Häuschen und die vergessenen Dörfer in den Highlands an. Leute, die in der Abgeschiedenheit zu Hause waren und die Natur jeden Tag aufs Neue spürten. Sie kannten es nicht anders.
Manchmal möchte ich gerne Teile des modernen Lebens zurücklassen, um wieder mehr zu mir zu finden.
Ein einfaches Leben ohne viel Technik und ein bisschen hinter der Zeit leben. Keine Leute sehen, die beim Laufen auf ihr Handy starren und zu blind sind, um die Realität um sich zu bemerken. In Schottland gab es zwar auch den technischen Fortschritt und Modernisierung, aber eher in der dezenten Variante. Ich hatte das Gefühl, Technik und Status hatten dort nicht so einen hohen Stellenwert. Die Menschen wirkten bescheiden und sehr zufrieden. Sie legten mehr Wert auf echte Gesellschaft und setzten auf die Hilfsbereitschaft ihrer Mitmenschen.
Dort zählten keine Statussymbole, sondern Nähe.
Und ich hörte oft das Wort ’sorry‘. Sie entschuldigten sich für Dinge, die eigentlich gar nicht passiert sind.
Aus Fernweh könnte jedoch auch Heimweh werden, denn in der Ferne vermisst man nach einiger Zeit vielleicht das, was man kennt und dort womöglich nicht bekommt oder nur unter erschwerten Bedingungen.
Ich schätze das Leben in Schottland in seiner Natürlichkeit wirklich sehr. Aber die große Freiheit stellt auch Abhängigkeit dar. Die Abhängigkeit, zu überleben. Die atemberaubenden Wandertouren bergen viele Gefahren, da das Wetter unberechenbar sein und den Tod bedeuten kann.
Ohne Auto wäre man verloren, sofern man nicht in einer größeren Stadt lebt.
Und gab es nur einen Zug? Mir kam es so vor, als gäbe es nur eine eingleisige Bahnlinie in diesem Land.
Zu Hause ist alles in greifbarer Nähe, aber nicht so in Schottland – scheinbar.
Schottland ist ein Land, in dem ich gerne Gast bin und von dessen Landschaft ich träume. Aber Heimat ist da, wo ich zu Hause bin.
Ja, so ist es tatsächlich. Auch wenn ich es früher nie wahrhaben wollte.
Whiskey
Kapuzi-Pause
Kapuzi-Pausen waren die Pausen, die mich auf der Busreise am meisten nervten.
Was Kapuzi überhaupt heißt?- Kapuzi = Kaffee, Pullern, Zigarette.
Die drei häufigsten Aktivitäten von Reisegästen im Busfahrerjargon.
Während alle bei der nächsten Gelegenheit wie verrückt zum Klo rannten, wusste ich mit der Zeit nichts anzufangen. Saß im Bus, schaute aus dem Fenster oder stand draußen im Abseits des Geschehens.
…Ich musste nicht zur Toilette oder weigerte mich, zu müssen.
…Ich wollte keinen Kaffee und trank sowieso nichts. Vermeidungsverhalten, um bloß nicht zur Toilette zu müssen.
…Ich rauchte nicht, sondern kaute auf harten vegetarischen Lakritzdreiecken, die an den Zähnen klebten. Meine Ersatzbefriedigung gegen Langeweile.
Außerdem schaute ich den anderen geduldig dabei zu, wie sie sich liebevoll um ihre Grundbedürfnisse kümmerten.
Sie standen kontaktfreudig in langen Reihen vor den Toiletten und tranken danach einen Becher starken Maschinen-Kaffee, um dies bald wieder tun zu können.
Anstehen. Pullern. Trinken. Warten. Pause.
Der Bus hielt alle zwei Stunden, ein perfektes Blasentraining für all die älteren Damen. Hatte der Busfahrer das nicht gut geplant? Ihn selber sah ich nie auf der Toilette. Mir fiel generell auf, dass sich die Männer weniger um die Toiletten drängelten und sich lieber die Beine an der frischen Luft vertraten, auch wenn es nur auf einer Stelle vor dem Bus war. Irgendwie waren sie toilettenmäßig einfach besser trainiert, als die Frauen. Ihnen war es wichtiger, sich mit dem Busfahrer über technische Details zu unterhalten und fragten ihn, ob es schwierig war, auf der linken Straßenseite zu fahren. Die Männer waren fasziniert von seinem Können, den Bus seitenverkehrt zu beherrschen.
Der Busfahrer erntete viel Anerkennung und ließ sich davon abhalten, zwischendurch ein bisschen Privatsphäre zu genießen.
Mehrmals wagte ich es dennoch, mir die Toiletten genauer anzuschauen. Machte aber gleich wieder kehrt, wenn es nicht so war, wie ich es mir wünschte. Ich wünschte mir Ruhe und Einsamkeit.
Die quackelnden Warteschlangen vor der Tür machten mich nervös, obwohl ich sie in der Klokabine gar nicht sehen konnte. Aber ich hörte das unruhige Schaben ihrer Schuhe auf dem matten Fliesenboden, ihre wirren Stimmen und das Rascheln von Papier oder das Klirren der Gürtelschnalle in der Nachbarklokabine.
Mann, warum konnten diese Räume nicht völlig geschlossen sein? Dieser Schlitz unten am Boden machte mich wahnsinnig. Ich bekam alles mit, was nebenan geschah, sah bewegende Schatten und konnte mich dabei nicht mehr auf mich konzentrieren. Schlimm.
Zudem kam ich mit dem Druck nicht klar, dass alle Frauen vor der Tür darauf warten, dass ich ENDLICH fertig war, nur damit sie ihren bohrenden Strahl schnell ins Klo schießen konnten. Was ich unter diesen Umständen, wie Hektik, niemals konnte.
Ich hasste öffentliche Toiletten! Und noch viel mehr, wenn alle Frauen aus dem Reisebus zur selben Zeit pullern mussten.
Deswegen waren diese Kapuzi-Pausen nicht mein Ding. Für mich waren es Pausen des Verzichts und des Leidens. Die Pausen waren zu kurz, um als Letzte in absoluter Stille aufs Klo zu gehen. So musste ich weiterhin auf die perfekte Gelegenheit warten.
Fast alle Frauen hatten es geschafft, an jeder schottischen Raststätte erfolgreich ihren Kaffee auszupullern. Sie nahmen jede Klobrille mit.
Klar trank ich auch gerne Kaffee. Aber nicht, um anschließend in gestörter Umgebung aufs Klo zu müssen. Die damit verbundenen Strapazen waren es mir nicht wert.
Und klar rauchte ich auch ganz gerne mal. Nur leider hat es Nikotin im ungünstigsten Fall an sich, ebenso den Harndrang zu fördern.
Tja.
Der fürsorgliche Busfahrer sorgte in den Mittagspausen für Verpflegung, indem er Dosensuppen und Würstchen warm machte. Dazu gab es eine Scheibe Toastbrot aus Vollkorn. Klang eigentlich ganz gut. Er bot alle möglichen Suppen an und ich dachte, dass mir eine Kartoffelsuppe vielleicht ganz gut tun würde. Ich bestellte sie vorher für 2,50 €. Aber als ich sah, wie die anderen gierig mit ihrem Essen abmaschierten, überlegte ich es mir sofort anders und stand verzichtend am Straßenrand wie ein bockiges Kind. Die anderen guckten mich fragend an, sagten aber nichts. Mir war klar, was sie dachten: Die Jugend ist verwöhnt und mäkelig. Von Vegetarierin erwähnte ich erst gar nichts. Die anderen taten so, als würde ihnen der Billigeintopf in der sterilen Plastikschale schmecken. Wahrscheinlich war es auch so. Alles wie zu Hause. Oder sie hatten zu großen Hunger vom langen Sitzen.
Diese Kapuzi-Pausen machten mich unglücklich.
Für die anderen wiederum waren sie eine Erlösung, sie wirkten danach meist deutlich entspannter, als ich. Aber ich konnte damit leben, war ja meine Schuld, dass ich mich so ‚verklemmt‘ und kompliziert anstellte.



